Alexander Bernhuber, Simone Schmiedtbauer und Barbara Thaler stehen für eine politisch höchst wirksame Strategie innerhalb der Österreichische Volkspartei (ÖVP): Die EU-Ebene wird nicht als Gestaltungsraum europäischer Umwelt- und Naturschutzpolitik verstanden, sondern als strategische Bühne zur nationalen Profilbildung.
Alle drei haben in Brüssel gezielt ein konservativ-agrarisch-wirtschaftliches Profil aufgebaut, das sich vor allem gegen zentrale EU-Naturschutzinstrumente richtet – und konnten damit im Inland politische Karrieren weiterentwickeln oder absichern. Schmiedtbauer hat den Schritt zurück nach Österreich bereits vollzogen, Thaler führt die Tiroler Wirtschaftskammer, und Bernhuber steht als neuer Präsident des europäischen Bauernbundes in Brüssel an einem strategischen Sprungbrett.
🧑🌾 Alexander Bernhuber – Bauernbund, Agrarprofil und Anti-Naturschutz-Strategie
Alexander Bernhuber (1992 in St. Valentin, Niederösterreich) ist seit seiner Jugend eng mit der ÖVP und dem Österreichischer Bauernbund verbunden. Schon während seiner Schulzeit engagierte er sich in der Landjugend und Bauernbund-Strukturen. Er trat früh in die ÖVP ein (exakte Mitgliedschaftsjahre sind nicht offiziell publiziert, aber er ist langjähriges Mitglied der Partei und ihrer Jugendorganisationen).
2019 wurde er mit 26 Jahren einer der jüngsten österreichischen Abgeordneten im Europäisches Parlament. Von Beginn an trat er dort nicht als Kompromisspolitiker, sondern als agrarpolitischer Interessenvertreter auf.
Politische Positionen und Schwerpunkte
- Wolfsschutz & Weidewirtschaft:
Bernhuber wurde einer der lautesten EU-Kritiker des strengen Schutzstatus des Wolfs. Bereits 2019 überreichte er mit Unterstützung des NÖ Bauernbunds eine Petition mit 57 689 Unterschriften an EVP-Fraktionschef Manfred Weber. Diese Aktion gilt als der Startpunkt einer strategisch angelegten Kampagne gegen den EU-Wolfsschutz. Er argumentiert öffentlich, nicht der Wolf, sondern die Alm- und Weidewirtschaft sei gefährdet – und forderte seitdem kontinuierlich eine Herabstufung des Schutzstatus. - Renaturierungsgesetz:
Er bezeichnete das EU-Renaturierungsgesetz mehrfach als „ideologisch motiviert“ und „bürokratisch überladen“. Bernhuber argumentiert, dass die geforderten Flächenstilllegungen die heimische Lebensmittelproduktion gefährden und Österreich in größere Importabhängigkeit drängen würden. - EU-Waldgesetz & Forstpolitik:
Gemeinsam mit Schmiedtbauer forderte er, dass eine EU-Forststrategie nicht über die Köpfe der Waldbesitzer hinweg beschlossen werden dürfe. Er tritt für nationale Entscheidungsfreiheit und gegen zentrale Steuerung aus Brüssel ein. - Pflanzenschutz & Landwirtschaftspolitik:
Bernhuber lehnte Reduktionsziele für Pflanzenschutzmittel ohne praktikable Alternativen ab und positionierte sich klar gegen Verschärfungen der Farm-to-Fork-Strategie.
Politische Laufbahn & Funktionen
- Mitglied im Ausschuss für Umweltfragen (ENVI)
- Stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Landwirtschaft (AGRI)
- Mitglied im Petitionsausschuss (PETI)
- Seit 23. September 2025: Präsident der EPP Farmers, der europäischen Bauernvertretung der EVP – ein zentraler Posten für die gesamte Agrarlobby in Europa.
Bernhuber ist tief in den Strukturen des Bauernbundes verwurzelt und steht für eine agrarisch-konservative Linie, die stark auf Widerstand gegen EU-Naturschutzvorgaben und eine Stärkung nationaler Kompetenzen setzt. Er gilt als politischer Hoffnungsträger des Bauernbund-Flügels der ÖVP. Seine politische Karriere ist klar auf eine Rückkehr nach Österreich in führender Funktion angelegt.
👩🌾 Simone Schmiedtbauer – von der Landwirtschaft ins EU-Parlament und zurück
Simone Schmiedtbauer (1974, Steiermark) ist Landwirtin und Unternehmerin, langjährige ÖVP-Mitgliedin und Bauernbund-Funktionärin. Sie stammt aus einer bäuerlichen Familie und engagierte sich früh in landwirtschaftlichen Interessenvertretungen. 2019 wurde sie als ÖVP-Kandidatin ins EU-Parlament gewählt.
Schon während ihrer Mandatszeit war sie agrarpolitisch nahezu deckungsgleich mit Bernhuber positioniert – sie bildeten ein strategisches Duo im EU-Parlament.
Politische Positionen und Schwerpunkte
- Wolf & Almwirtschaft:
Schmiedtbauer gehörte zu den Erstunterzeichnerinnen des EU-Vorstoßes zur Neubewertung des Wolfsschutzes (2022). Sie sagte sinngemäß:„Nicht der Wolf ist vom Aussterben bedroht, sondern unsere Alm- und Weidewirtschaft.“
Damit setzte sie sich besonders bei Bauernbund und Almwirtschaftsverbänden als zentrale Fürsprecherin durch. - EU-Waldpolitik & Forstwirtschaft:
Sie trat entschieden dafür ein, dass aktive Waldbewirtschaftung Vorrang vor zentralen EU-Zielvorgaben haben müsse. Sie warf Brüssel vor, „die Realität der Waldbesitzer in den Alpen zu ignorieren“. - Renaturierung & Pflanzenschutz:
Schmiedtbauer wetterte öffentlich gegen das Renaturierungsgesetz und nannte es „ein Bürokratiemonster, das die Landwirte erdrückt“. Auch gegen Pflanzenschutzmittel-Reduktionsziele ohne Alternativen trat sie auf.
Politische Laufbahn & Funktionen
- EU-Abgeordnete von 2019 bis Oktober 2023
- Mitglied im Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (AGRI)
- Mitglied konservativer EVP-Arbeitsgruppen für ländliche Räume und Forstpolitik
- Seit 16. Oktober 2023: Landesrätin in der Steiermark (Land- und Forstwirtschaft, Wasser, Veterinärwesen)
- Seit März 2025: Obfrau des Steirischen Bauernbundes
Schmiedtbauer hat die Brüssel-Strategie erfolgreich in Landespolitik übersetzt. Ihr Profil – lautstarke Agrarpolitik gegen EU-Vorgaben – verschaffte ihr innerhalb des Bauernbundes und der ÖVP eine starke Machtbasis.
👩 Barbara Thaler – Wirtschaftsliberale Verstärkung der Linie
Barbara Thaler (1982, Innsbruck) ist seit Jahren fest im Wirtschaftsbund Tirol verankert und Mitglied der ÖVP. Sie kommt nicht aus der Landwirtschaft, sondern aus dem KMU-Sektor und Tourismus. Doch ihre politische Linie ergänzt die agrarische Achse Bernhuber–Schmiedtbauer wirtschaftsliberal: auch sie kritisiert EU-Naturschutzpolitik, allerdings mit dem Schwerpunkt Wirtschaftsstandort und Tourismus.
Politische Positionen und Schwerpunkte
- Wirtschaft & Standortpolitik:
Thaler betont regelmäßig, dass strikte EU-Regelungen – etwa bei Flächenwidmung, Natura 2000 oder Klimavorgaben – den Wirtschaftsstandort Tirol schwächen würden. Sie plädiert für „weniger Brüssel, mehr Eigenverantwortung der Regionen“. - Wolfsschutz:
Auch sie positionierte sich gemeinsam mit Bernhuber und Schmiedtbauer gegen den strengen Schutzstatus des Wolfs. Ihre Argumentation: Schutzstatus und Naturschutzvorgaben gefährden Tourismus, Almbewirtschaftung und regionale Wirtschaftskreisläufe. - Renaturierung & Bürokratieabbau:
Thaler warnt vor steigenden Bürokratielasten für Betriebe durch EU-Umweltvorgaben. In Tirol greift sie diese Linie nun als Wirtschaftskammer-Präsidentin aktiv auf.
Politische Laufbahn & Funktionen
- Langjährige Funktionärin im Tiroler Wirtschaftsbund
- 2019–2024: EU-Abgeordnete (Ausschuss für Verkehr und Tourismus, TRAN; stellvertretend IMCO)
- 2020–2024: Landesobmann-Stv. Tiroler Wirtschaftsbund
- Seit 13. November 2023: Präsidentin der Wirtschaftskammer Tirol
- Seit 9. Februar 2024: Obfrau des Tiroler Wirtschaftsbundes
- EU-Mandat endete am 15. Juli 2024
Thaler überträgt die Anti-Naturschutz-Rhetorik auf den Wirtschaftsbereich und spricht gezielt Unternehmer:innen, Tourismusbetriebe und Standortpolitik an. Damit erweitert sie die agrarisch geprägte Strategie der ÖVP um eine wirtschaftsliberale Dimension.
🐺 Der Wolf als Mobilisierungsmaschine
Ein zentrales Element dieser politischen Strategie ist das Thema Wolf.
- 2019: 57 689 Unterschriften aus Österreich – erster medialer Großauftritt Bernhubers.
- 2022: Resolution im EU-Parlament zur Neubewertung des Schutzstatus – getragen u. a. von Bernhuber, Schmiedtbauer, Thaler.
- 2023–2025: EU-Kommission und Berner Konvention reagieren, Schutzstatus wird überprüft. Die ÖVP-Abgeordneten verkaufen das als „Erfolg für den ländlichen Raum“.
Die Wolfsdebatte wurde damit zum machtpolitischen Instrument: Sie emotionalisiert, polarisiert und bietet eine Bühne, um nationale Interessen gegen Brüssel zu positionieren.
🧭 Politische Strategie mit System (Jahreszahlen)
| Merkmal | Alexander Bernhuber | Simone Schmiedtbauer | Barbara Thaler |
|---|---|---|---|
| Herkunft | Niederösterreich | Steiermark | Tirol |
| ÖVP-Mitgliedschaft | langjährig (Bauernbund/ÖVP-Jugend) | langjährig (Bauernbund) | langjährig (Wirtschaftsbund) |
| EU-Mandat | 2019–heute | 2019–2023-10-16 | 2019–2024-07-15 |
| Themenschwerpunkte | Wolf, Renaturierung, Natura 2000, Wald, Agrarpolitik | Wolf, Renaturierung, Natura 2000, Forst, Pflanzenschutz | Wolf, Standortpolitik, Tourismus, Wirtschaft |
| Schlüsselereignisse | 2019 Wolf-Petition; 2022 Resolution; 2025 EPP Farmers-Präsidentschaft | 2022 Resolution; 2023 Wechsel in Landespolitik | 2022 Resolution; 2024 Wechsel nach Tirol |
| Funktionen heute | Präsident EPP Farmers (Brüssel) | Landesrätin + Obfrau Bauernbund Steiermark | Präsidentin WK Tirol + Obfrau Wirtschaftsbund Tirol |
| Politische Linie | Agrarisch-konservativ | Agrarisch-konservativ | Wirtschaftsnah, standortliberal |
📌 Fazit
Bernhuber, Schmiedtbauer und Thaler haben die EU-Ebene als strategisches Instrument genutzt, um Profil im ländlichen Raum und in wirtschaftsnahen Milieus aufzubauen.
- Schmiedtbauer ist damit bereits in der steirischen Landesregierung und Bauernbundspitze angekommen.
- Thaler hat ihre Basis als EU-Abgeordnete genutzt, um an die Spitze der Tiroler Wirtschaftskammer und des Wirtschaftsbundes zu gelangen.
- Bernhuber ist innerhalb der EVP zum mächtigen Agrarstrategen aufgestiegen – seine Rückkehr nach Österreich in eine führende Rolle gilt als wahrscheinlich.
👉 Die Anti-Naturschutz-Kampagnen rund um Wolf, Natura 2000 und Renaturierungsgesetz waren dabei kein Nebenschauplatz, sondern das zentrale Instrument zur Profilbildung.
👉 Diese Strategie hat sich für alle drei politisch ausgezahlt – und prägt heute den Ton der österreichischen Debatte über EU-Naturschutz wesentlich stärker als sachpolitische Inhalte.
